16. Sep 2019

Der Mietendeckel wird den Wohnungsmangel weiter verschärfen

Die Diskussion um den sogenannten Mietendeckel ist in vielerlei Hinsicht unerquicklich. Zum einen, weil zwei Probleme in einem Aufguss verhandelt werden, die aber voneinander abhängen, nämlich einerseits der unbestreitbare Mangel an bezahlbarem Wohnraum für immer größere Teile der Bevölkerung, und andererseits der daraus resultierende Preisdruck, was die Miethöhe angeht.

Zum anderen wird die Diskussion ideologisch aufgeladen von Hardlinern beider Seiten, Entmieter auf der einen und Enteignungsbefürworter auf der anderen Seite, dass – wie so oft, in anderen politischen Bereichen ist das längst Gewohnheit – eine vernünftige, sozial verträgliche und sachlich fundierte Mitte kaum Gehör findet.

Und zum dritten wird die Diskussion auch vergiftet und immer wieder zurückgeworfen durch Beiträge, von Kommentarspalten in Sozialen Medien bis hin zu Regierungsvertretern, die einen eklatanten Mangel an Grundkenntnissen und Sachlichkeit aufweisen. All das ist nicht zielführend, um die eigentlichen Probleme zu lösen, nämlich den Wohnraummangel zu beseitigen durch Neubau und die ausufernden Mieten zu begrenzen. Und zwar genau in dieser Reihenfolge.

Wohnungsbau

Seit Ende 1991 hat sich der Wohnungsbestand in Berlin von damals ca. 1,7 Mio Einheiten erhöht auf ca. 1,9 Mio Einheiten zum Jahresende 2017.

Das ist in etwa ein Zuwachs von etwa 200.000 Wohneinheiten, während im gleichen Zeitraum die Bevölkerung Berlins aber von 2,2 Mio Einwohner auf ca. 3,64 Mio Einwohner angestiegen ist.

Fazit: Es gibt zu wenige Wohnungen.

Und es gibt zu wenige Wohnungen, weil zu wenig gebaut wurde.

Für die Versorgung breiter Schichten der Bevölkerung mit preisgünstigem Wohnraum ist die Politik zuständig, die hier regulierend in den Wohnungsmarkt eingreifen kann, also Bund, Länder und Kommunen.

Die Instrumente hierfür sind seit jeher:

- Bereitstellung verbilligter kommunaler Grundstücke an Wohnungsbaugesellschaften

- direkte Förderzuschüsse für den Wohnungsbau

Im Gegenzug verpflichten sich die Wohnungsbaugesellschaften, die neuen Wohnungen zu einer gedeckelten Höchstmiete (früher Kosten-, heute Bewilligungsmiete genannt) an Mieter mit entsprechendem Förderbedarf zu vermieten. Die Einkommensgrenzen sowie auch die maximal zulässige Wohnfläche legt der Förderungsgeber fest.

Wohnungssuchende, deren Einkommen diese Grenzen überschreitet oder die zum Beispiel zu zweit gerne mehr als nur 65 m² Wohnfläche haben wollen, können keine subventionierte Wohnung mieten, für die bleibt nur der „freie“ Markt. Und da gilt: je knapper das Angebot, desto höher die Mieten. Kein Vermieter könnte eine „Mondmiete“ verlangen, wenn die Wohnungssuchenden eine Wahl hätten.

Auch hier gilt: Es wurde in den letzten Jahren zu wenig gebaut.

Wie reagiert der Berliner Senat?

Beinahe gar nicht. Wie der Tagesspiegel meldet, ist die Zahl der Baugenehmigungen in Berlin bereits im zweiten Jahr in Folge sogar rückläufig.
Es liegen Grundstücke brach, der Senat fühlt sich nicht verantwortlich bzw. weiß noch nicht einmal, wo diese Grundstücke liegen. Die Grundstücke gehören teilweise dem Bund, der die höchstbietend verkaufen will, und die Länder und Kommunen können in dieser Preislage nicht mit privaten Gesellschaften konkurrieren. Der schwarze Peter wird hin- und hergeschoben. Jetzt kann man sich fragen: Wenn schon die Kommunen diese teuren Grundstücke nicht nutzen können, um darauf bezahlbare Mietwohnungen zu bauen, warum sollte das ein privater Investor tun? Und welche Geldgeber sollte er generieren? Mit welcher Miete bzw. Rendite kann er kalkulieren? Die Maßnahmen zum sogenannten Mietendeckel,  wie sie der Senat nun vorsieht, werden dieses Problem noch zusätzlich verschärfen.

Übrigens sieht das an anderer Stelle ähnlich aus, in Berlin fehlen nicht nur Wohnungen, sondern auch Lehrer und Schulplätze. Werden jetzt mehr Lehrer eingestellt und mehr Schulplätze eingerichtet? Nein, das Geld fehlt. Lösungsvorschläge gibt es auch hier: weniger Unterricht und mehr Schüler pro Klasse.

Übertragen auf den Wohnungsmarkt: Wenn nicht mehr Wohnungen gebaut werden, könnte die Lösung auch mehr Mieter pro Wohnung heißen, also zu ähnlichen Bedingungen wie im sozialen Wohnungsbau: nicht nur die Einkommensgrenze ist festgelegt, auch die maximale Wohnfläche pro Person.

In einer heterogenen und offenen Gesellschaft möchten die Leute aber auch gerne selbst entscheiden, wie sie wohnen wollen. Etwas größer, mit mehr Komfort vielleicht, und eben nicht in einer Einheitswohnung.

Um die ausufernden Mieten abzudämpfen, muss also neu gebaut werden: öffentlich geförderte Wohnungen für Menschen mit geringerem Einkommen sowie Wohnungen ohne Belegungsrecht für den freien Markt.

Das größere Mietangebot würde den Mietpreis spürbar senken, so dass etliche Maßnahmen, wie sie der Referentenentwurf zum Berliner Mietdeckel vorsieht, überflüssig wären.

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