30. Jan 2010

Alles günstig – außer Luxuslofts in Szenelagen

Der Berlin-Brandenburger Wohnungsmarkt zeichnet sich durch Beständigkeit aus.

Hat hier jemand Krise gesagt? Ja, aber nicht überall findet man sie. Das vergangene Jahr hat zumindest in Berlin gezeigt, dass der Wohnungsmarkt der Wirtschaftskrise trotzt. „Beständigkeit zeichnet den Berlin-Brandenburger Immobilienmarkt seit Jahren aus“, sagt Eugen Schnoor, Vorsitzender des Bewertungsausschusses des jüngsten RDM-Preisspiegels. Berlin bleibt also im Bereich des

Wohnungsmarktes für Mieter und Käufer gleichermaßen interessant. Die Hauptstadt lockt, weil das Angebot von Wohnungen mit ganz unterschiedlichen Preisen hier so groß ist. So variieren zum Beispiel die Nettokaltmieten nach Erhebungen des regionalen RDM (Ring Deutscher Makler) für Drei- bis Vierzimmerwohnungen bei einer Größe zwischen 70 und 100 Quadratmetern je nach Lage und Ausstattung von preiswerten vier Euro pro Quadratmeter in Neukölln bis zu stattlichen 11,50 Euro in Charlottenburg-Wilmersdorf.

Seit dem vergangenen Jahr lässt sich dabei ein leichter Anstieg des Mietzinses in einfachen Wohnlagen feststellen, ganz gleich, ob man im ehemaligen Ost- oder Westteil der Stadt mietet. Roman Heidrich, Leiter Residential Valuation Berlin bei Jones Lang LaSalle, wertet dies als Anzeichen dafür, „dass sich die Mietsituation, vor allem im unteren Preissegment, verschärft hat“. Er führt weiter aus: „Unterscheidet man zwischen Baualtersklassen, zeigen das Neubausegment einerseits und das Altbausegment andereseits die auffälligsten Verteuerungsquoten.“

Dabei bleiben die durchschnittlichen Mietpreise in der Hauptstadt jedoch nach wie vor hinter den Vergleichsmieten anderer großer Städte wie München, Frankfurt am Main und Hamburg deutlich zurück. Das heißt, wer nach Berlin zuzieht, ist zunächst einmal überrascht ob des niedrigen Preisniveaus. Das trifft jedoch nicht nur auf Miet-, sondern auch auf Eigentumswohnungen zu.

Daneben erwies sich auch in 2009 eine Immobilie in Berlin ausweislich des RDM-Preisspiegels weiterhin als gute und sichere Altersvorsorge. Der Quadratmeterpreis für Eigentumswohnungen blieb stabil und bewegt sich je nach Lage, Erstellungszeit und Ausstattung zwischen 500 und 3600 Euro pro Quadratmeter. Für absolut hochwertig ausgestattete Wohnungen in Szenelagen müssen Käufer allerdings bisweilen mit erheblich höheren Preisen kalkulieren.

Grundsätzlich werden in den Ostbezirken Berlins noch immer geringere Quadratmeterpreise als in den Westbezirken erzielt. Eine Angleichung des Kaufpreises erfolgt lediglich bei Bauten ab 1990 sowie bei Neubauten und Erstbezügen. Für die Entwicklung des Berliner Wohnungsmarktes 2010 zeigen sich die Experten optimistisch. Manche sehen bereits Anzeichen eines Aufschwungs. Ein Boom wie in den Hochjahren 2006/2007 ist allerdings nicht zu erwarten. Lutz Aengevelt, geschäftsführender Gesellschafter von Aengevelt Immobilien, rechnet vielmehr mit einem kontinuierlichen Aufschwung, der sich in kleinen Schritten über einen längeren Zeitraum vollzieht. „Berlin wird aufgrund seiner großen Wohnungsbestände in wenigen Händen, wegen steigender Wohnungsmieten in den nachgefragten Quartieren und niedrigen Sachpreisen im Bundesvergleich vom Aufschwung profitieren.“

Hinzu kommt, dass die Nachfrage an Wohnungen weiter zunehmen wird. Dabei steht die Tendenz einer abnehmenden Bevölkerung einer Reduzierung der durchschnittlichen Haushaltsgröße entgegen. Während bei Jüngeren der Trend zum Singlehaushalt anhält, führt die Alterung der Gesellschaft zu mehr Seniorenhaushalten von ein bis zwei Personen. Die steigende Zahl kleiner Haushalte bestimmt also die Nachfrage und wird künftig überdurchschnittlich stark zunehmen. Aengevelt-Research errechnet unter Bezugnahme auf die Bevölkerungsprognose der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung einen Anstieg der Haushalte um rund 11,4 Prozent bis zum Jahr 2025 und erwartet den durchschnittlich größten Zuwachs von knapp 20 000 Haushalten per anno bis 2015.

Problematisch bleibt jedoch der auch im vergangenen Jahr zu verzeichnende Rückgang im Wohnungsbau. Neben dem zusätzlichen Bedarf aufgrund der Zunahme kleinerer Haushalte geht bestehender Wohnraum durch Abriss, Umwidmung und Zusammenlegung verloren oder verfällt gar durch langjährigen Leerstand an wenig nachgefragten Standorten. Laut Aengevelt-Research ist allein zur Bestandserhaltung der jährliche Neubau von rund 0,5 Prozent des bestehenden Wohnraums erforderlich. Die Zahlen der Bauanträge liegen jedoch darunter.

Dies haben auch die Bauverbände Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB), der Zentralverband des Baugewerbes (ZDB) sowie die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) erkannt und sich zur „Initiative Wohnungsbau in Deutschland“ zusammengetan. „Wir brauchen eine Neuausrichtung der Wohnungsbauförderung. Neben die erfolgreiche Förderung der Wohnungsmodernisierung muss künftig auch die Förderung des Abrisses und Neubaus von Ersatzwohnungen treten“, sagt HDB-Präsident Herbert Bodner.

Katrin Dittert

Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 30.01.2010

Zum Artikel