06. Jul 2014

Trendviertel allerorten

Von Mitte nach Grunewald, vom Majakowskiring nach Karlshorst – jede Wohnlage bietet ihre eigenen Vorzüge.

Wo bleibt das Grün?

Wem es in der Innenstadt an Bäumen und Wasser fehlt, wird womöglich etwas weiter westlich fündig. Die Gegend am Lietzensee ist einer der Lagetipps des Immobilienverbandes (IVD) Berlin-Brandenburg im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf. Noch exklusiver ist der Ortsteil Grunewald mit seinen Villen und Botschafterresidenzen. „Die Bewohner des Villenviertels schätzen es, sowohl im Grünen als auch mitten in der Stadt zu leben“, schreibt Makler Steffen Schnoor in einem Marktbericht. Dieser Vorzug hat jedoch seinen Preis: Ein Einfamilienhaus kostet in Grunewald mühelos mehr als eine Million Euro.

Ohnehin zählt der Berliner Südwesten traditionell zu den begehrtesten Wohngegenden der Hauptstadt. Schon im frühen 20. Jahrhundert ließ sich das reiche Großbürgertum bevorzugt in einer Villa in Grunewald oder Dahlem nieder. Noch immer sind diese beiden Stadtteile „die exklusivsten Wohngegenden von Berlin“, wie Makler Schnoor urteilt. Doch auch Nikolassee (hier vor allem die Straßen in der Nähe der Rehwiese) und Westend bieten eine hohe Wohnqualität für Menschen, die sich ein Leben in der Stadt auch ohne angesagte Clubs in der Nähe vorstellen können.

Ähnliches gilt für das von Villen und Einfamilienhäusern geprägte Frohnau im Nordwesten der Stadt. „Frohnau bietet viele Sport- und Freizeitmöglichkeiten, exzellente Schulen und Kitas, außerdem einen direkten Anschluss an die S-Bahn“, hält der ortsansässige Immobilienmakler Dirk Wohltorf fest. Die besten Wohnlagen befinden sich laut Wohltorf rings um die beiden repräsentativen Plätze in der Nähe des S-Bahnhofs, nämlich dem Zeltinger Platz und dem Ludolfingerplatz. In der Welfenallee sei im vergangenen Jahr eine Villa für mehr als zwei Millionen Euro verkauft worden. Doch nicht nur im ehemaligen West- Berlin, sondern auch im Ostteil verbergen sich wahre Perlen, wenn auch nicht ganz so bekannt wie die etablierten Gegenden im Westen und Südwesten der Stadt. Doch Kenner wissen beispielsweise die Vorzüge von Niederschönhausen zu schätzen, wobei insbesondere der Majakowskiring hoch im Kurs steht. Die dortigen Villen in unmittelbarer Nähe zum Schlosspark Schönhausen sind nicht erst heute begehrt: In den Nachkriegsjahren ließen sich die Spitzen des DDR-Regimes am Majakowskiring nieder, der fortan lange Zeit nicht mehr öffentlich zugänglich war.

Ohnehin lässt sich den Verantwortungsträgern der DDR ein Sinn für attraktives Wohnen nicht absprechen. Der Orankesee in Alt-Niederschönhausen etwa war ein bevorzugtes Wohngebiet von Stasi-Kadern. Wer beim Namen Hohenschönhausen nur an Plattenbauten denkt, wird zwischen Oranke- und Obersee eines Besseren belehrt: Hier gibt es schnieke Häuser auf großzügigen Grundstücken – mit dem Vorteil, dass die Preise deutlich niedriger sind als in den westlichen Pendants.

Ähnliches gilt für den Lichtenberger Ortsteil Karlshorst, der vor 100 Jahren als Dahlem des Ostens galt. Nun ja, ganz so repräsentative Villen finden sich in Karlshorst nicht; doch vor allem das südlich der S-Bahn-Trasse gelegene Prinzenviertel bietet eine hohe Wohnqualität. Hinzu kommt der Vorteil, dass die Innenstadt mit der S-Bahn schnell erreicht ist.

Die Auswahl ist also groß, und nicht immer muss es eine Exklusivität von der Art sein, wie es die Prestige-Projekte in Berlin-Mitte versprechen. Denn, wie es der Makler Nikolaus Ziegert formuliert: Eigentlich „ist ganz Berlin ein Trendviertel“.

Gegenüber dem Vorquartal stabilisieren sich die Kaufpreise von Wohnungen im ersten Quartal 2014 nach Angaben der Dr. Klein & Co. Aktiengesellschaft – eines Allfinanzberaters – auf hohem Niveau.

von Christian Hunziker
Erschienen im Tagesspiegel am 06.06.14

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